[Werbung Rezensionsexemplar @hanserliteratur @hanserblau] Alem Grabovac - Das achte Kind: „Dein Vater ein Taugenichts, dein Pflegevater Nazi, dein Stiefvater ein brutaler Säufer.“ Das sind die Vaterfiguren, mit denen sich der Protagonist Alem in diesem autofiktionalen Roman auseinandersetzen muss. Seine Mutter Smilja, die aus Kroatien stammt, geht nach Deutschland, um dort in einer Fabrik zu arbeiten. In Deutschland lernt sie den in Bosnien geborenen Emir kennen; sie bekommen zusammen ihren Sohn Alem. Aber Emir trinkt, spielt und betrügt Smilja. Auf Alem aufzupassen, während Smilja weiterhin arbeitet, kommt ihm nicht in den Sinn. Also gibt Smilja ihr sechs Wochen altes Kind in eine deutsche Pflegefamilie. Unter der Woche ist Alem bei Familie Behrens, am Wochenende bei seinen Eltern. Was als Zwischenlösung gedacht ist, wird zu einem dauerhaften Umstand: Alem wird das achte Kind der Familie, zieht mit ihnen um, fährt in den Urlaub und wünscht sich manchmal, er müsste am Wochenende nicht zu seiner Mutter, die mittlerweile mit dem gewalttätigen Dušan zusammen ist. Aber auch bei den Behrens‘ gibt es Probleme, denn der Vater Rüdiger ist überzeugter Altnazi. Irgendwann beginnt Alem, dessen Einstellung zu hinterfragen und die Zerrissenheit, die er ständig spürt, wird noch größer. In „Das achte Kind“ geht es um Herkunft, Familie, Vorbilder und die Grenzen, die durch Kriege gezogen werden. Es ist ein wichtiges Buch, das eine Biographie zeigt, die selten zu Wort kommt und gleichzeitig vielleicht häufiger vorkommt, als man denkt. Die Sprache ist sehr klar und schnörkellos, wobei sie für mich stellenweise zu einfach gehalten war. Insbesondere im ersten Teil des Buches wiederholen sich formelhafte Wendungen wie „Wir Frauen haben es schwer“ zu oft. Das letzte Drittel hat mir sprachlich um einiges besser gefallen. Durch die Sprache ist es manchmal schwer, zu den Emotionen der Figuren vorzudringen, aber vielleicht ist es genau das, was das Buch bezwecken will: Es wertet nicht, sondern zeichnet nach und lässt dem*der Leser*in somit Raum, sich eigene Gedanken zu dem Geschehen zu machen. #rezension #whatiread #bookstagram #booksofinstagram #hanserverlag #hanserblau #dasachtekind
Hier seht ihr meine #bücherimfebruar (und Tulpen, die es gerade noch so in den März geschafft haben - zwei Sekunden nach dem Foto sind die ersten Blütenblätter abgefallen 😄). Meine Favoriten sind ganz klar #troy von @stephenfryactually und #10minutes38secondsinthisstrangeworld von @shafakelif, das ich in einem tollen #buddyread mit @julesandherbooks gelesen habe. Für die #lesekreuzung haben wir uns mit #schonzeitvorbei von Juna Grossmann befasst, in dem aktueller Antisemitismus behandelt wird. Ein erschütterndes Buch, dass bei mir den Willen geweckt hat, mich mit jüdischer Kultur zu beschäftigen. Zu #whywematter von @emiliazenzile und #kimjiyounggeboren1982 von Cho Nam-Joo könnt ihr bereits meine Rezensionen lesen, die zu #dasachtekind von @alemgrabovac (und wahrscheinlich auch zu Shafak) folgt noch 🤗 #hexen von @monachollet war Nice to have und ich habe mir direkt eines der Bücher bestellt, auf das sie häufig Bezug nimmt. #diefrauenvontroja von Emily Hauser hätte mir sicher noch besser gefallen, hätte ich nicht im selben Monat „Troy“ gelesen 😅 Denn eigentlich ist die Ansatz, die Perspektive der Frauen in einem der bekanntesten Kriege der Welt einzunehmen, ein extrem gutes Projekt. Habt ihr auch einige dieser Bücher gelesen? #whatiread #wrapup #bookstagram #booksofinstagram #februaryreads #february2021
[Werbung Rezensionsexemplar @prestelverlag @bloggerportal] Jane Gerhard & Dan Tucker - Feminismus: „Ganz schön ambitioniert“, denke ich beim Betrachten des Buches. Vor allem der Untertitel verspricht einiges: „Die illustrierte Geschichte der weltweiten Frauenbewegung“. So ganz erfüllt das Buch dieses Versprechen nicht, denn der Fokus liegt dann doch eher auf den USA und England. Teile des globalen Südens werden, trotz der relativ kürzlichen Publikation 2020, als „Entwicklungsländer“ bezeichnet. Dennoch wird einiges geboten: Die Geschichte der Einführung des Stimmrechts, Darstellung verschiedener Frauen- und LBTIQA+ Bewegungen, Fortschritte und Baustellen, Einordnung des Paragrafen 219a... Außerdem wird nicht nur die Historie der Frauenbewegung betrachtet, sondern auch neue Vertreter*innen werden vorgestellt (hier liegt der Fokus vor allem auf Schwarzen Amerikaner*innen - da hätte ich mir mehr Diversität gewünscht). Mir hat besonders der Abschnitt zu feministischer Kunst gefallen. Außerdem müssen natürlich die Bilder erwähnt werden, die eine große Vielfalt abbilden und die Kraft, Freude, Wut und Motivation zeigen, die mit Feminismus einhergehen. In meinen Augen fehlt definitiv die Einordnung der einzelnen Bewegungen und die Kritik an ihnen, wie beispielsweise der Rassismus unter den Sufragetten oder die Problematik des liberalen Feminismus. Mit dieser Einordnung und einem noch stärkeren Fokus auf Diversität wäre das Buch mMn besser gewesen. Wer einen Überblick mit großartiger Bebilderung zum Thema Feminismus sucht, ist hier jedoch genau richtig. #feminismusimfebruar #feminismus #frauenbewegung #prestelverlag #rezension #whatiread #bookstagram #booksofinstagram
Emilia Roig - why we matter: Wenn Autor*innen sich einen Rundumschlag vornehmen, geht das oft schief, denn die Behandlung zu vieler Themen birgt die Gefahr von Oberflächlichkeit. Nicht so bei diesem Buch von Roig @emiliazenzile. Sie spricht viele Themen an, die von Rassismus und Diskriminierung durchzogen sind - vom Rassismus in der eigenen Familie, in Schulen und Unis, in den Medien, bei der Polizei und in der Justiz, im Krankenhaus bis hin zu Sexarbeit und körperlicher Selbstbestimmung. All das behandelt sie anhand persönlicher Erlebnisse und harter Fakten in einem intersektionalen Ansatz, der verschiedene marginalisierte Gruppen in den Blick nimmt. Ich konnte durch „why we matter“ viel lernen und meine Standpunkte überdenken. Besonders interessant fand ich den Abschnitt zum Wissen und dessen Auslöschung. Zugegebenermaßen war das letzte Kapitel für mich etwas zu abstrakt, wobei ich der Autorin absolut zustimme, dass wir alle mehr Empathie brauchen. Gerade am Anfang hat mich das Lektorat ein wenig rausgebracht, genaue Beispiele nenne ich noch in den Kommentaren. Alles in allem aber ist „why we matter“ ein bedeutendes Buch, das hoffentlich genau das erreicht, was es als Lösung postuliert: Mehr Empathie, Offenheit für verschiedene Standpunkte und einen Blick über den Tellerrand unseres festgefahrenen Systems, das in allen Bereichen einer Reformation bedarf. #whywematter #emiliaroig #antirassismus #rezension #bookstagram #booksofinstagram #aufbau @aufbau_verlag #intersectionalfeminism #intersectionality
[Werbung Rezensionsexemplar @ehrlichanders @kiwi_verlag] Cho Nam-Joo - Kim Jiyoung, geboren 1982: Chong Daehyon wundert sich. Seine Frau, Kim Jiyoung, spricht mit den Stimmen verschiedener Frauen und trägt deren Erinnerungen in sich. Wie es dazu kommt, wird im Folgenden Kapitel für Kapitel, die jeweils mehrere Jahre umfassen, geschildert. Dabei steht nicht nur die Protagonistin selbst im Vordergrund, auch ihre Mutter und ihre Schwester spielen eine wichtige Rolle. So sehen wir, wie sich das Frauenbild über Generationen hinweg verändert - und in seinen Grundfesten doch gleich bleibt. In Südkorea war „Kim Jiyoung, geboren 1982“ ein echter Bestseller und hat dort wahre Proteste ausgelöst. Gezeigt wird die Alltagsmisogynie, die oft so subtil ist, dass wir sie zwar spüren, aber nicht benennen oder uns darüber beschweren können - sei es in Schulen, an der Uni, im Job oder wenn man wie Jiyoung nichts Böses ahnend mit seinem Kind im Park sitzt und einen Tee trinkt, nur um dafür von fremden Männern als „Schmarotzerin“ beschimpft zu werden. Jiyoung ist eine Frau, die vieles anders machen möchte, es aber aufgrund der systemischen Voraussetzung nur bedingt kann. Das ist ein Schicksal, mit dem sich viele Frauen auf der ganzen Welt, auch wenn sie unterschiedliche Voraussetzungen haben, identifizieren können. Genau das macht das Buch so anschlussfähig und das Versprechen „Kim Jiyoung ist wie jede Frau“ wahr. Einige Schilderungen, wie beispielsweise die Diskriminierung von Mädchen in Bezug auf Schuluniformen, habe ich schon ein öfter gelesen, deshalb war es für mich stellenweise wenig innovativ. Allerdings muss man hier auch den Kontext, in dem das Buch geschrieben wurde, sowie den Stand der Debatte um Feminismus in Südkorea miteinbeziehen. Ich hätte mir gewünscht, dass das Einstiegsmotiv, also das Sprechen als andere Frauen, noch öfter im Buch aufgegriffen wird, weil es nicht nur ein spannender Kniff war, sondern das Buch auch besonders macht. Insgesamt ein spannendes Werk, das trotz (oder gerade wegen?) der bekannten Muster zum Nachdenken anregt und einen in den Bann zieht. #kimjiyounggeboren1982 #chonamjoo #kiwiverlag #rezension #bookstagram #booksofinstagram